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Brief für GmbH-GF/-Gesellschafter des Monats August 2014


Sehr geehrte Damen und Herren,


dieser Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht des vergangenen Monats informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen. Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Einzelfragen zur Spendenhaftung geklärt

2.

Bundesgerichtshof entscheidet: Kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms

3.

Dienstwagen: Pkw-Überlassung führt immer zu geldwertem Vorteil – auch bei geringem Gebrauch

4.

Häusliches Arbeitszimmer bei Poolarbeitsplatz

5.

Kirchlicher Arbeitgeber darf konfessionslose Bewerberin ablehnen

6.

Übersendung eines Steuerbescheids per Telefax

7.

Sind Probearbeit und Schnuppertage sozialversicherungspflichtig?

8.

Befreiung von der RV-Pflicht bei Minijobs und die Folgen



1. Einzelfragen zur Spendenhaftung geklärt

Wer wann und in welcher Höhe für falsch ausgestellte Spendenbescheinigungen oder zweckfremde Mittelverwendungen haftet, stellt die Oberfinanzdirektion Frankfurt mit Verfügung vom 17.3.2014 dar. Besonderes Augenmerk legt die Oberfinanzdirektion dabei auf die Bestimmung des Haftungsschuldners und den Vertrauensschutz beim Zuwendenden.

Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig eine falsche Spendenbescheinigung ausstellt oder die zweckfremde Verwendung von Spendenmitteln veranlasst, haftet für die entgangene Steuer. Insoweit wird also zwischen einer Aussteller- und einer Veranlasserhaftung unterschieden.

Welche Grundsätze bei der Haftungsinanspruchnahme gelten, hat die Oberfinanzdirektion Frankfurt nun mit Verfügung vom 17.3.2014 dargestellt. Folgende Aspekte dieser Weisung sind hervorzuheben:

• Der Ausstellerhaftung unterliegt grundsätzlich nur die betroffene Körperschaft, da Zuwendungsbestätigungen ausdrücklich nur vom Empfänger ausgestellt werden dürfen. Gegenüber einer natürlichen Person kann eine Ausstellerhaftung allenfalls dann eingreifen, wenn diese außerhalb des ihr zugewiesenen Wirkungskreises gehandelt hat.

• In Fällen der Veranlasserhaftung muss ebenfalls vorrangig die Körperschaft in Haftung genommen werden.

• Eine natürliche Person ist als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, wenn sie selbst Zuwendungsempfänger ist und die unrichtigen Zuwendungsbestätigungen ausgestellt hat.

• Im Fall von BGB-Gesellschaften und Gemeinschaften kommen als Haftungsschuldner zwar grundsätzlich sämtliche Gesellschafter in Betracht, vorrangig soll aber die jeweils handelnde Person in Anspruch genommen werden.

• Bei der Haftungsprüfung muss stets übergeprüft werden, ob der Zuwendende gutgläubig war (Kopplung des Haftungstatbestands an den Vertrauensschutz beim Zuwendenden).

• Der Zuwendende darf darauf vertrauen, dass die ausgestellte Bestätigung richtig ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn er die Bestätigung durch unlautere Mittel oder falsche Angaben erwirkt hat, ihm die Unrichtigkeit der Bestätigung bekannt war oder aufgrund einer groben Fahrlässigkeit nicht bekannt war. Zudem darf der Zuwendende den Abzug der Spende nicht mehr in seiner Steuererklärung beantragen, sobald der Aussteller ihm gegenüber die unrichtige Zuwendungsbestätigung widerrufen hat (Entfall des Vertrauensschutzes).

• Die entgangene Steuer, für die der Haftenden in Anspruch genommen wird, beträgt 30 % der Zuwendungsbeträge. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang sich die Spenden bei den Zuwendenden tatsächlich steuermindernd ausgewirkt haben.

• Die Bemessungsgrundlage für die 30 %ige Haftungshöhe bilden in Fällen der Ausstellerhaftung die Zuwendungen, die in unrichtigen Zuwendungsbestätigungen ausgewiesen wurden. In Fällen der Veranlasserhaftung ist die Summe der fehlverwendeten Zuwendungen heranzuziehen.

• Die Festsetzungsfrist für die Spendenhaftung ist an die Festsetzungsfrist gekoppelt, die für die Körperschaftsteuer des Zuwendungsempfängers gilt.

• Bevor ein Haftungsbescheid erteilt wird, müssen die Finanzbehörden dem Haftenden zunächst rechtliches Gehör gewähren. Im Bescheid müssen sie später zudem die Gründe für die getroffene Ermessensentscheidung darstellen.

2. Bundesgerichtshof entscheidet: Kein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms

Der Bundesgerichtshof hat endlich, aber nicht abschließend, entschieden, ob Radfahrern ohne Schutzhelm bei Unfällen weniger Schadenersatz zugesprochen werden kann. Es ging um die Frage, ob für Freizeitradler und Radler auf dem Weg zur Arbeit das Nichttragen eines Helms eine Obliegenheitsverletzung darstellt und damit zu einer entsprechenden Mithaftungsquote führt.

Geklagt hatte, mit Unterstützung des ADFC, eine Radfahrerin aus Schleswig-Holstein. Sie war 2011 auf dem Weg zur Arbeit schwer am Kopf verletzt worden.

Radfahrerin mit Autotür zu Fall gebracht
Eine Autofahrerin hatte am Straßenrand geparkt und unmittelbar vor der sich nähernden Radfahrerin die Tür geöffnet. Die Radlerin prallte dagegen und stürzte. Von der Autofahrerin und deren Versicherung verlangt sie Schadenersatz.

Oberlandesgericht entschied noch auf Mitverschulden
Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hatte der Klägerin ein Mitverschulden von 20 % angelastet, weil sie keinen Schutzhelm getragen und damit Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen habe.

Der Bundesgerichtshof hat nun das Urteil aufgehoben und der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Nichttragen eines Fahrradhelms führt nicht zu einer Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens.

Für Radfahrer ist Tragen eines Schutzhelms nicht Pflicht

Die Begründung des Bundesgerichtshofs
Für Radfahrer sei das Tragen eines Schutzhelms nicht vorgeschrieben.

• Zwar könne einem Geschädigten auch ohne einen Verstoß gegen Vorschriften haftungsrechtlich ein Mitverschulden anzulasten sein,

• dazu müsse er aber diejenige Sorgfalt außer Acht lassen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt.

Zu unvorsichtig? Nicht nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum Unfallzeitpunkt
Ein solches Mitverschulden wäre hier laut Bundesgerichtshof zu bejahen, wenn das Tragen von Schutzhelmen zur Unfallzeit nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich und zumutbar gewesen wäre. Ein solches Verkehrsbewusstsein hat es jedoch zum Zeitpunkt des Unfalls der Klägerin noch nicht gegeben.

Die allermeisten fahren "ohne"
So trugen nach repräsentativen Verkehrsbeobachtungen der Bundesanstalt für Straßenwesen im Jahr 2011 innerorts nur 11 % der Fahrradfahrer einen Schutzhelm.

Das reichte dem Bundesgerichtshof nicht, um den fehlenden Helm bei der Klägerin zu sanktionieren und eine Kürzung des Schadensersatzes durch die Kfz-Haftpflicht der Autofahrerin abzunicken.

Hinweis
Inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung des Radfahrers das Nichtragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann, war nicht zu entscheiden. Das Oberlandesgericht betonte in seiner Entscheidung, dass ein sportlich fahrender Radfahrer, der sich nicht lediglich von A nach B bewege, sondern das Fahrrad auch als Sportgerät nutze, fahrlässig handle, wenn er ohne Helm fahre.

Merke aber auch: Fahren ohne Helm gefährdet Ihre Gesundheit! warnt die Weltgesundheitsorganisation.

3. Dienstwagen: Pkw-Überlassung führt immer zu geldwertem Vorteil – auch bei geringem Gebrauch

Wird ein Dienstwagen für die Privatnutzung unentgeltlich oder verbilligt überlassen, führt dies zu einem lohnsteuerlichen Vorteil. Das gilt unabhängig davon, in welchem Umfang der Arbeitnehmer den Pkw tatsächlich privat nutzt. Der Bundesfinanzhof hat dies erneut bestätigt.

Der Fall
Im aktuellen Urteilsfall war der Ansatz eines geldwerten Vorteils wegen der privaten Nutzung eines Firmenwagens für einen Gesellschafter-Geschäftsführer streitig. Die GmbH überließ dem Kläger im Streitzeitraum für betriebliche Zwecke jeweils ein Fahrzeug.

Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung kam das Finanzamt zu der Auffassung, das Fahrzeug habe auch für die Privatnutzung uneingeschränkt und kostenlos zur Verfügung gestanden. Der monatliche Sachbezug sei mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises anzunehmen. Zusätzlich sei der geldwerte Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit monatlich 0,03 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer zu erfassen.

Privatnutzung konnte nicht widerlegt werden
Sowohl beim Finanzgericht wie jetzt auch beim Bundesfinanzhof ist die dagegen gerichtete Klage gescheitert. Der Geschäftsführer hatte zeitweise zwar ein Fahrtenbuch geführt und dies im Klageverfahren auch vorgelegt, es war jedoch nicht ordnungsgemäß und unvollständig.

Freiwilliger Verzicht auf Privatnutzung nicht ausreichend
Nicht anerkannt haben die Gerichte auch das Vorbringen des Klägers, er habe zunächst mit seinem Mitgeschäftsführer vereinbart, dass eine Eintragung in das Fahrtenbuch erfolgen solle, wenn das von der GmbH überlassene Fahrzeug privat genutzt werde. Dann habe er sich aber entschieden, keine Privatfahrten zu machen, weil ihm dies steuerlich zu ungünstig erschienen sei.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs wird hierdurch kein Verbot zur Privatnutzung zum Ausdruck gebracht, sondern vielmehr die freiwillige Entscheidung, von der eingeräumten Möglichkeit der Privatnutzung keinen Gebrauch zu machen. Diese Absprache stellt kein generelles privates Nutzungsverbot dar, sondern die Erlaubnis für eine zumindest gelegentliche Privatnutzung.

Hinweis
Der Bundesfinanzhof bestätigt damit seine Rechtsprechung aus 2013:

• Wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung erlaubt, ist ein geldwerter Vorteil zu versteuern. Er kann entweder per Fahrtenbuch oder – falls dies nicht vorliegt oder nicht ordnungsgemäß ist – nach der 1 %-Regelung versteuert werden. Ein Gegenbeweis oder ein Nachweis einer geringeren Nutzung mit anderen Belegen ist hier nicht möglich.

• Davon abzugrenzen sind jedoch die Fälle, in denen die Privatnutzung untersagt ist. Ein ernst gemeintes Privatnutzungsverbot für den Firmenwagen wird regelmäßig anerkannt.

• Diese Rechtsauffassung hat inzwischen auch die Finanzverwaltung übernommen.

Praxistipp für Wenignutzer
Für Wenigfahrer können steuerliche Nachteile nur durch die Führung eines Fahrtenbuchs vermieden werden. Das kann aber nicht nachträglich erstellt werden, sondern muss fortlaufend geführt werden und sollte insgesamt folgende Angaben enthalten:

• Datum und Kilometerstand zu Beginn und Ende jeder einzelnen Auswärtstätigkeit;

• Reiseziel und Reiseroute;

• Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner;

• Nachweis der privaten Fahrten.

4. Häusliches Arbeitszimmer bei Poolarbeitsplatz

Ein Poolarbeitsplatz steht neben dem häuslichen Arbeitszimmer nicht als anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, wenn er nicht in dem konkret erforderlichen Umfang genutzt werden kann.


Dem Betriebsprüfer P stand an seiner Dienststelle kein fester Arbeitsplatz, sondern lediglich ein Poolarbeitsplatz im Verhältnis von 8 Prüfern zu 3 Arbeitsplätzen zur Verfügung. Die Prüfungen und Schlussbesprechungen führte P regelmäßig in den Unternehmen durch. Die Vor- und Nacharbeiten (Fallauswahl, Prüfungsvorbereitung, Fertigung der Prüfberichte usw.) erledigte er in seinem häuslichen Arbeitszimmer. Den Poolarbeitsplatz nutzte er lediglich für das Abrufen von E-Mails und das Updaten seines Rechners. Einen Antrag auf Zuweisung eines festen Arbeitsplatzes hatte P nicht gestellt.

Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug mit der Begründung, P habe mit dem Poolarbeitsplatz ein anderer Arbeitsplatz an der Dienststelle zur Verfügung gestanden. Ein anderer Arbeitsplatz stehe dem Arbeitnehmer nur dann nicht zur Verfügung, wenn er auch auf Antrag keinen ausreichenden Arbeitsplatz nutzen könne.

Das Finanzgericht vertrat eine großzügigere Auffassung und gab der Klage statt. Denn angesichts der umfangreichen Büroarbeiten hätte A bei der Belegung der 3 dienstlichen Arbeitsplätze mit 8 Prüfern nicht jederzeit auf einen für ihn nutzbaren Arbeitsplatz zugreifen können.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof gab ebenfalls dem Betriebsprüfer Recht.

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind – bis zur Grenze von 1.250 EUR – nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. "Anderer Arbeitsplatz" ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Auch ein Raum, den sich der Arbeitnehmer mit weiteren Personen teilt, z. B. in einem Großraumbüro, kann daher ein anderer Arbeitsplatz sein. In diesem Sinne ist grundsätzlich auch ein Poolarbeitsplatz als ein anderer Arbeitsplatz zu werten.

Der andere Arbeitsplatz steht allerdings nur dann für die berufliche Tätigkeit zur Verfügung, wenn er in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich genutzt werden kann. Denn nur dann ist der Arbeitnehmer nicht auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen. Ist das häusliche Arbeitszimmer dagegen notwendig, kann sich der Arbeitnehmer den Aufwendungen nicht entziehen mit der Folge, dass das gesetzliche Abzugsverbot nach seinem Sinn und Zweck nicht zum Tragen kommt.

Die Kosten sind jedoch nicht bereits dann abziehbar, wenn der Arbeitnehmer nicht jederzeit auf den anderen Arbeitsplatz zugreifen kann. Deshalb kann auch ein Poolarbeitszimmer als Arbeitsplatz zur Verfügung stehen, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten, z. B. durch eine organisierte Nutzungseinteilung, gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit in dem konkret erforderlichen Umfang dort erledigen kann.

Hiervon ausgehend bestätigt der Bundesfinanzhof die Auffassung des Finanzgerichts, dass P der Poolarbeitsplatz nicht in dem zur Verrichtung seiner Innendienstarbeiten erforderlichen Umfang zur Verfügung stand. Denn die 3 Schreibplätze reichten nicht aus, um alle Innendiensttätigkeiten zu verrichten. Wegen der zu geringen Anzahl der Arbeitsplätze (3 Plätze für 8 Prüfer) war nicht gewährleistet, dass P in zeitlicher Hinsicht seine gesamte Innendiensttätigkeit dort hätte erledigen können.

Hinweis
Haben die Arbeitskollegen untereinander oder mit dem Arbeitgeber Absprachen über die wechselseitige Nutzung der Poolarbeitsplätze getroffen und ist damit gewährleistet, dass der Arbeitnehmer seinen konkreten Arbeiten nachkommen kann, steht ihm ein Arbeitsplatz zur Verfügung mit der Folge, dass der Werbungskostenabzug ausgeschlossen ist.

Der Streitfall lässt daher an die Konstellation denken, dass alle 8 Betriebsprüfer im Wesentlichen von zu Hause aus arbeiten und das Prüferzimmer im Amt praktisch nur zur Aufbewahrung von Akten usw. genutzt wird. Auch wenn nicht alle Prüfer gleichzeitig dort arbeiten können, so wäre es wohl lebensfremd anzunehmen, bei vorhandenen 3 Schreibtischen stehe dem einzelnen Prüfer kein Arbeitsplatz im Amt zur Verfügung, wenn er ausnahmsweise – ggf. nach Absprache mit den Kollegen – einmal dort Akten bearbeiten will.

5. Kirchlicher Arbeitgeber darf konfessionslose Bewerberin ablehnen

Ein kirchlicher Arbeitgeber darf die Besetzung einer Referentenstelle von der Mitgliedschaft in der christlichen Kirche abhängig machen. Er ist nicht verpflichtet, an eine unberücksichtigte konfessionslose Bewerberin eine Entschädigung zu zahlen, hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschieden.

Hintergrund
Der Beklagte – ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – schrieb eine Stelle für einen Referenten/eine Referentin aus, um einen unabhängigen Bericht zur Umsetzung der Antirassismus-Konvention der Vereinten Nationen durch Deutschland erstellen zu lassen.

In der Stellenausschreibung wurden entsprechend den kirchlichen Bestimmungen die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehörenden Kirche sowie die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag vorausgesetzt.

Die Klägerin, die nicht Mitglied einer Kirche ist, bewarb sich erfolglos um die Stelle; sie wurde zu einem Vorstellungsgespräch nicht eingeladen. Mit ihrer Klage hat sie den Beklagten auf Zahlung einer Entschädigung wegen einer Benachteiligung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Anspruch genommen.

Beschränkung auf konfessionsgebundene Mitarbeiter erlaubt
Die Klägerin wurde nicht zu Unrecht wegen ihrer Religion benachteiligt, ihr steht daher keine Entschädigung zu, urteilte das Landesarbeitsgericht. Eine Ungleichbehandlung der Klägerin ist im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Selbstbestimmungsrecht der Kirchen gerechtfertigt.

Dem stehen europarechtliche Bestimmungen nicht entgegen; vielmehr wird der Status, den Kirchen in den Mitgliedsstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, durch die Union geachtet. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für die ausgeschriebene Referententätigkeit eine Identifikation mit ihm fordert, die nach außen durch die Kirchenmitgliedschaft dokumentiert wird; deshalb darf er konfessionslose Bewerber unberücksichtigt lassen. Ob die Klägerin die weiteren Anforderungen der Stellenausschreibung erfüllte, kann dahinstehen.

6. Übersendung eines Steuerbescheids per Telefax

Die gesetzlich gebotene Schriftform für behördliche und gerichtliche Entscheidungen wird auch durch Übersendung per Telefax gewahrt.

Hintergrund
Der Streit ging um die Frage, ob die Übersendung eines Einkommensteuerbescheids per Telefax die Festsetzungsverjährung unterbricht.

Die 4-jährige Festsetzungsfrist für die Veranlagung der Steuerpflichtigen X zur Einkommensteuer 2003 lief regulär mit Ablauf des Kalenderjahrs 2008 ab, da sie ihre Einkommensteuererklärung 2003 in 2004 eingereicht hatte. Das Finanzamt übersandte den aufgrund der Erklärung ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 30.12.2008 ausweislich des Telefaxjournals am 30.12.2008 per Telefax an das Büro der Steuerberaterin der X. Dagegen legte X Einspruch ein mit der Begründung, wegen nicht rechtzeitiger Bekanntgabe des Bescheids sei zum 31.12.2008 Festsetzungsverjährung eingetreten. Denn nach der 3-Tages-Fiktion gelte ein elektronisch übermittelter Bescheid erst 3 Tage nach der Absendung als bekannt gegeben.

Das Finanzamt entgegnete, die Festsetzungsfrist sei gewahrt, da der Bescheid noch vor Fristablauf den Bereich des Finanzamts verlassen habe und der X tatsächlich zugegangen sei. Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht als unbegründet ab.

Entscheidung
Ebenso wie das Finanzgericht hält auch der Bundesfinanzhof den Verjährungseinwand für unbegründet und wies die Revision zurück.

Der Bescheid ist formwirksam und ordnungsgemäß bekannt gegeben worden. Der Bundesfinanzhof verweist dazu auf die ständige Rechtsprechung, nach der die Schriftform auch durch Übersendung per Telefax gewahrt ist. Denn ein Telefax gewährleistet gleichermaßen den mit dem Gebot der Schriftlichkeit verfolgten Zweck, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können.

Wichtig ist der Hinweis des Bundesfinanzhofs, dass die Übersendung per Telefax nicht als Übersendung eines elektronischen Verwaltungsakts anzusehen ist, für den eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz erforderlich wäre. Denn der Bundesfinanzhof vertritt die Auffassung, dass die Neuregelungen über den elektronischen Rechtsverkehr die Wirksamkeit der Bekanntgabe behördlicher oder gerichtlicher Entscheidungen per Telefax nicht berühren. Die Bekanntgabe des Bescheids am 30.12.2008 per Telefax war somit ohne qualifizierte Signatur wirksam.

Mit dem gefaxten Einkommensteuerbescheid hat das Finanzamt daher den Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt. Denn die Frist ist immer gewahrt, wenn der Bescheid vor Fristablauf den Bereich des Finanzamts – mit seinem Wissen und Wollen – verlassen hat und dem Adressaten tatsächlich (wenn auch erst nach Ablauf der Frist) zugegangen ist. Auf die mit der Revision aufgeworfene Frage, ob die 3-Tage-Fiktion im Telefax-Verfahren anwendbar ist, kam es im Streitfall nicht an, da für die Fristhemmung der Zeitpunkt, zu dem der Bescheid das Finanzamt verlassen hat, entscheidend ist, nicht der Zeitpunkt des Zugangs.

7. Sind Probearbeit und Schnuppertage sozialversicherungspflichtig?

Stellenbewerber arbeiten immer häufiger ein paar Tage im künftigen Betrieb, um diesen zunächst kennenzulernen. Ist das Probearbeit oder sind das Schnuppertage, wie ein sog. Einfühlungsverhältnis oft genannt wird? Tritt Versicherungspflicht ein und fallen hierfür Beiträge an?

Die Probearbeitsverhältnisse sind von Anfang an auf echte Arbeitsverhältnisse ausgerichtet. Der Bewerber übernimmt auf Anweisung des Firmenchefs betriebliche Arbeiten. Der Arbeit Leistende ist in den Betrieb eingegliedert und untersteht dem Weisungsrecht des Betriebes. Die Arbeit wird bezahlt. Die Beschäftigung unterscheidet sich inhaltlich also nicht von den Beschäftigungen der übrigen Arbeitnehmer. Deshalb tritt für diese Zeit der Probebeschäftigung Sozialversicherungspflicht nach den allgemein gültigen Regelungen ein.

Keine Versicherungspflicht von Schnuppertagen
Schnuppertage in einem Betrieb sind wie folgt gekennzeichnet: Der Arbeitgeber weist dem Schnupperkandidaten keine betrieblichen Arbeiten zu, die dieser alleine und selbstständig erledigt. Die Arbeitsleistung erfolgt rein freiwillig. Bestimmte Arbeitszeiten müssen nicht eingehalten werden. Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf Bezahlung. Ein Arbeitsverhältnis liegt unter diesen Umständen nicht vor. Aufgrund der Schnuppertage tritt auch keine Sozialversicherungspflicht ein.

Zahlen die Arbeitgeber ausnahmsweise doch eine Entschädigung für den Zeitaufwand, ist folgendes wichtig: In einer Vereinbarung ist eindeutig zu formulieren, dass es sich nicht um eine Vergütung für die geleistete Arbeit handelt.

Unfallversicherung bei Einfühlungsverhältnis
Bei Probearbeitsverhältnissen wie oben dargestellt ist eine Absicherung über die zuständige Berufsgenossenschaft kein Problem. Der Unfallversicherungsschutz bei Einfühlungsverhältnissen besteht allerdings nur, wenn der Bewerber Leistungsempfänger der Bundesagentur für Arbeit ist und die Schnupperphase auf Veranlassung der Arbeitsverwaltung durchgeführt wird.

Sofortmeldung bei Probearbeit und Schnupperarbeit
Eine Sofortmeldung ist ungeachtet der Bezeichnung und unbeachtlich der Zahlung eines Arbeitsentgelts abzugeben, wenn im Rahmen des Probearbeits- oder Schnupperarbeitsverhältnisses eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht werden soll. Bei den sog. "Einfühlungsverhältnissen" wird dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben, die betrieblichen Gegebenheiten kennenzulernen. Soweit dabei keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird, ist keine Sofortmeldung abzugeben.

Haftpflichtversicherung bei Schnupperarbeit
Soweit der Schnupperkandidat Verursacher eines Schadens im Betrieb ist, ist dessen private Haftpflichtversicherung zuständig. Bei Zweifeln sollte sich der Arbeitgeber im Vorfeld schriftlich bestätigen lassen, dass der Bewerber über eine solche Haftpflichtversicherung verfügt.

Lohnsteuerliche Behandlung
Erhält der Bewerber für seine Tätigkeit im Betrieb eine Vergütung, stellt diese Arbeitslohn dar, für die der Arbeitgeber grundsätzlich Lohnsteuer, Kirchensteuer sowie den Solidaritätszuschlag einbehalten und abführen muss.

Ist der Bewerber unbeschränkt steuerpflichtig, erfolgt der Lohnsteuerabzug nach seinen persönlichen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM).

Für beschränkt steuerpflichtige Personen werden in 2014 noch keine ELStAM bereitgestellt. In diesem Fall muss der Bewerber eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug bei dem für den Arbeitgeber zuständigen Betriebsstättenfinanzamt beantragen und dem Arbeitgeber vorlegen.

8. Befreiung von der RV-Pflicht bei Minijobs und die Folgen

Minijobber können sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Eine Befreiung hat neben der Beitragsersparnis aber auch Folgen, die zunächst vielleicht nicht bedacht werden. Deshalb ist es wichtig zu wissen, in welcher Weise und wie lange die Befreiung wirkt.

Der Minijobber verzichtet mit der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht (RV-Pflicht) auch auf den Erwerb vollwertiger Leistungsansprüche in der Rentenversicherung. Unter Umständen kommt diese Erkenntnis aber zu spät, wenn der Minijobber Leistungen beim Rentenversicherungsträger beantragt. Diese werden durch den Rentenversicherungsträger – mangels Pflichtbeitragszahlung – abgelehnt. Dann ist es jedoch zu spät. Einen Weg zurück gibt es nicht, solange die Befreiung wirkt.

Dauer der Befreiungswirkung für Minijobs
Die vom Arbeitnehmer beantragte Befreiung von der Rentenversicherungspflicht gilt für die gesamte Dauer des Minijobs. Sie kann nicht widerrufen werden. Bei Arbeitnehmern mit mehreren Minijobs und einem regelmäßigen Gesamt-Arbeitsentgelt bis 450 EUR im Monat kann die Befreiung von der RV-Pflicht nur einheitlich erklärt werden. Somit wirkt der einem Arbeitgeber gegenüber ausgehändigte Befreiungsantrag zugleich für alle zeitgleich ausgeübten Minijobs, also auch für später hintretende Minijobs. In solchen Fällen verliert der Befreiungsantrag erst dann seine Wirkung, wenn der letzte Minijob, für den die Befreiung gilt, beendet wird.

Beispiele 1:

Minijob A: 1.2.2013 bis 31.3.2014

Minijob B: 1.3.2014

Fristgerechte Befreiung beantragt ab 1.2.2013

Befreiungswirkung für Minijob: A: 1.2.2013 bis 31.3.2014

B: 1.3.2014 bis a. w.

Beispiele 2:

Minijob A: 1.2.2013 bis 31.3.2014

Minijob B: 1.4.2014

Fristgerechte Befreiung beantragt ab 1.2.2013

Befreiungswirkung für Minijob: A: 1.2.2013 bis 31.3.2014

Beispiel 3:

Minijob A: 1.2.2013 bis a. w.

Minijob B: 1.8.2013 bis 31.12.2013

Fristgerechte Befreiung beantragt ab 1.8.2013

Befreiungswirkung für Minijob: A: 1.8.2013 bis a. w.

B: 1.8.2013 bis 31.12.2013

Minijobs: Befreiung von der RV wirkt bei Beschäftigungsunterbrechung fort
Nachdem ein Minijob beendet wurde, tritt bei Neuaufnahme eines Minijobs grds. zunächst wieder RV-Pflicht ein. Von der RV-Pflicht kann sich der Arbeitnehmer auf Antrag befreien lassen. Dies gilt jedoch nicht, wenn der neue Minijob innerhalb von 2 Monaten bei demselben Arbeitgeber aufgenommen wird. In diesen Fällen wird (widerlegbar) vermutet, dass es sich immer noch um dieselbe Beschäftigung handelt, in der die Befreiung von der RV-Pflicht erfolgt ist. Für diesen Sachverhalt verliert die Befreiung nicht ihre Wirkung und muss auch nicht erneut erklärt werden.

Unbezahlter Urlaub und Arbeitsunfähigkeit von Minijobbern
Darüber hinaus gelten Minijobs nicht als beendet, wenn sie nur deshalb abgemeldet werden, weil sie länger als einen Monat ohne Entgeltzahlung (z. B. bei mehr als 6-wöchiger Arbeitsunfähigkeit oder unbezahltem Urlaub) unterbrochen werden (Meldegrund "34"). In diesen Fällen endet die Wirkung der Befreiung von der RV-Pflicht nicht, weil das Arbeitsverhältnis weiter besteht und die sozialversicherungsrechtliche Beschäftigung nach der Unterbrechung mit dem Tag der Arbeitsaufnahme wieder vom Arbeitgeber angemeldet wird (Meldegrund "13").

Neuer Befreiungsantrag von Minijobbern bei Betriebsübergang
Ein Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB begründet aus Sicht der Sozialversicherung eine neue Beschäftigung zum neuen Inhaber des Betriebes. Die alte Beschäftigung wird grds. mit dem Tag vor dem Betriebsübergang zur Sozialversicherung abgemeldet und die neue Beschäftigung ab dem Tag des Betriebsübergangs unter einer neuen Betriebsnummer angemeldet. Wenn die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht in einem Minijob gewünscht wird, der bereits vor dem Betriebsübergang zum alten Inhaber bestand, ist diese vom Arbeitnehmer (ggf. erneut) zu beantragen. Dabei ist es unerheblich, dass beim Betriebsübergang formal kein neuer Arbeitsvertrag geschlossen wird.



Sie haben noch Fragen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wir beraten Sie gerne.

Mit freundlichen Grüßen



Stephan Gißewski
Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
www.gißewski.de